Archive for the ‘ Piratige Unterhaltung ’ Category

Die Geschichte von William Fogerty (1)

Warme, stickige Luft schlug William Fogerty entgegen, als er die Tür zu der heruntergekommenen Spelunke öffnete. Wie meistens herrschte in diesen Piratenabsteigen ein schummriges Licht, der Duft von altem Schweiß und Alkohol lag in der Luft. Auf einem kleinen Schemel kauerte ein alter Seemann und spielte mit wenig Hingabe irgendwelche alten, bekannten Melodien auf seiner Ziehharmonika, während er auf einer längst erkalteten Pfeife kaute.

Der Sturm, der über die Insel tobte, riss William die Tür aus der Hand. Mit einem wuchtigen Knall schlug sie zu, und die wenigen Besucher der Bar warfen dem Neuankömmling einen kurzen, missmutigen Blick zu, bevor sie sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten widmeten.

William sah sich um. An dem großen, runden Tisch in der Mitte saßen vier Piraten, die offenbar in eine heftige Diskussion verwickelt waren. Einer von ihnen fluchte laut und schlug die Faust auf den Tisch.

An einem zweiten Tisch hatte sich ein junger Mann niedergelassen und stocherte etwas ratlos in seinem Teller rum. Anscheinend hatte er einen Eintopf bestellt, von dem er nun nicht sicher war, ob er ihn tatsächlich essen sollte. Seine Kleidung war schlicht, aber erstaunlich sauber, vielleicht das Sauberste in der ganzen Bar.

An der Theke stand der Wirt und musterte William aufmerksam. Er hatte buschige Augenbrauen, einen kahlen Kopf und seine Wangen hingen wie Lefzen hinunter. Er spuckte auf den Boden, doch ein Teil der Spucke blieb an seinem Kinn hängen. Unbekümmert wischte er die Reste mit dem Handrücken weg.

In einer dunklen Ecke erkannte William die Umrisse einer weiteren Person, die dort alleine saß und den Blick zum Fenster gerichtet hatte, gegen das der Wind Balken und Regentropfen hämmerte. Das Gewitter schien nicht nachlassen zu wollen.

Durch eine undichte Stelle im Dach des Wirtshauses drang ein Wassertropfen und fiel auf Williams Kopf. Hier konnte er nicht stehen bleiben. Aber zu wem sollte er sich zu hinzugesellen?

Zu wem soll er sich gesellen?

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Ahoi liebe Crew,

Puh, jetzt haben wir doch tatsächlich mal überdurchschnittlich lange keine neuen Posts für euch gehabt – entschuldigt bitte! Nachdem ihr nun aber so lange warten musstet, bekommt ihr heute mal die Mutter der Piratengeschichten.

Robert Louis Stevenson war schon eine ziemlich geniale Socke. Nicht nur ist er der Autor von „Dr Jekyl and Mr Hyde“ eine – naja – angruselnde Geschichte die so Weltberühmt ist wie McDonalds (was für ein Vergleich!), er ist außerdem der Mann, der völlig allein unser Bild der Piraterie auf den Kopf gestellt hat. Ich glaube ich habe es schon verschiedentlich erwähnt (nämlich andauernd) aber sein Werk „Die Schatzinsel“ hat die Seeräuberrei wieder Salonfähig gemacht. Und dabei ist alles was er geschrieben hat MIST!

1. Piraten sind ja eigentlich „Gentlemen of Fortune“ die nach einem streng moralischen Codes über die Meere schippern… JA, GENAU! Eigentlich waren es miese Verbrecher die raubten, mordeten und vergewaltigten – und das aus dem einzigen Grund, dass sie zu faul, zu dumm oder zu sehr mit dem Gesetz im Konflikt waren um anständig zu arbeiten.

2. Piraten vergraben überall ihre Schätze… WARUM SOLLTEN SIE DAS TUN? Wenn ich einen Job ausübe bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei einem Seegefecht sterbe oder von den Behörden aufgegriffen und aufgehängt werde so unglaublich hoch ist, dann fang ich doch nicht das sparen an! Tatsächlich waren die meisten Seeleute dafür bekannt, dass sie ihr – wie auch immer – verdientes Geld sofort und umgehend im nächsten Hafen für Wein, Weib und Gesang auf den Kopf gehauen haben. Und Piraten waren da sicherlich die schlimmsten von allen!

3. Piraten haben alle Holzbeine, Hacken statt Hände und immer einen Papagei auf der Schulter! – DAS IST DOCH.. warte mal, gar nicht mal sooo falsch… wie bereits erwähnt war das Piratengeschäft kein Job mit hohen Sicherheitsauflagen. Und wenn mein Handwerk darin besteht mich von anderen (sich wehrenden) Schiffen mit Kanonen beschießen zu lassen oder mich auf ein Handgemenge beim Entern einzulassen dann verlier ich schonmal ein paar Gliedmaßen. Tatsächlich waren also verstümmelte Seeleute keine Seltenheit – und Piraten bekammen sogar für jede ernsthafte Verletzung eine Kompensation aus der Beute ausgezahlt. Also Holzbein passt – Hacken ist außnahmsweise nicht Stevensons Schuld sondern Barrie. Aber der Gegenspieler von Peter Pan brauchte nunmal einen coolen Namen und Captain Hook klingt einfach besser als Captain Handprotese. Aber der Papagei ist definitiv Mist!

 

Warum aber hat Treasure Island unser Bild von Piraten dennoch so geprägt? Nun, bein den Recherchen für diesen Blog hab ich (gleich nach Captain Blood) auch Stevensons Klassiker noch mal gelesen. Und wenn man ehrlich ist: Das Buch ist halt einfach gut. Die Geschichte ist spannend, die Charaktere interessant (vor allem Silver) und gerade für das jüngere Semester ist es eine Vorleselektüre aus purem Gold. Klar bleibt dieses Bild der Piraten dann auch im Erwachsenenalter erhalten. Wie sehr aber Treasure Island immer noch im Zentrum sämtlicher Piraterieunterhaltung steht, zeigt ein kleiner Überblick über kommende Posts, über die Ihr euch schon freuen könnt:

1. Monkey Island: Wer glaubt ihr ist Herman Toothrot anderes als Ben Gunn? Die Figur ist 1zu1 dieselbe – und das ist nur eine der wenigen Anspielungen!

2. Flint and Silver: Die Romantrilogie, die die Vorgeschichte zu Treasue Island erzählen will ist bisher leider nur auf Englisch erschienen (ich wollte sie nämlich mal Schwarzbart schenken….hab mich aber auf Englisch nicht getraut) Ich näher mich gerade dem Ende von Band drei und berichte dann von dieser wechselhaften Geschichte.

3. Black Sails. – Die Fernsehserie lief auch im deutschen Fernsehen kurzzeitig… und erzählt – wer hätte es gedacht – die Vorgeschichte zu Treasure Island. Bis Folge drei bin ich shon gekommen – brauch aber noch ein paar um mir ein Urteil zu bilden. Wenn ich eins hab erfahrt ihr das zuerst.

4. Long John Silver.  – Diesmal ein Comicvierteiler der – na? habt ihr es erraten? Nein, diesmal nicht die Vorgeschichte, sondern das finale Kapitel im Leben des berühmten Piraten beschreibt. Ausgezeichnet gezeichnet, nette Geschichte die immer mal wieder kurzzetig richtig gut wird. Genauere Besprechung folgt in Kürze…

Das nur ein paar Beispiele, aber ihr seht schon wie sehr die klassische Stevenson Geschichte unsere Zeit piratentechnisch immernoch prägt. Wer es nie gelesen hat: Die Schatzinsel ist auch online in allen Sprachen zu finden. Die Teilnehmer des ersten Filmabends haben ja jetzt eh schon den vollen Durchblick 🙂

Das Mädchen aus San José

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Tief in der Karibik segelte einst ein Pirat, der unter dem Namen David Roux zu sehr viel Ruhm gekommen war. Doch so begnadet Roux auch war, so unersättlich und grausam wurde er mit der Zeit.  Und aus dem einstigen Ruhm, den er in der Karibik genoss, wurde Furcht, und die Legenden, die man über ihn erzählte, wurden zu Schreckensgeschichten.

So kam es, dass ein kleines Küstenstädtchen namens San José, dem Piraten David Roux und seinen Männern den Zutritt verweigerte. Roux, der seine Vorräte auffüllen wollte, war außer sich vor Zorn, und in seiner unbändigen Wut wies er seine Männer an, das Städtchen nieder zu brennen und niemanden zu verschonen.

Der Widerstand der tapferen Bewohner war zwecklos. Innerhalb weniger Tage stand kein Stein mehr auf dem anderen und keine arme Seele war mehr am Leben. Nur ein kleines Mädchen erblickten die Männer von Roux plötzlich zwischen den brennenden Hütten. Mit aufgerissenen Augen starrte es Roux an. „Ich bitte dich, David Roux, lass mich am Leben.“, sagte es.

Doch Roux schüttelte den Kopf. Niemand, hatte er geschworen, dieser Stadt würde mit dem Leben davon kommen.

Ein zweites Mal bat das Mädchen um Gnade: „David Roux, was ist mit deinen Männern? Sollen sie sich noch mehr versündigen?“

Aber auch dieses Mal war Roux nicht zu erweichen.

Da bat das Mädchen ein drittes Mal um sein Leben. „Bedeutet dir deine Seele so wenig, David Roux, dass du sie einfach so dem Teufel schenkst?“

Jetzt lachte Roux. „Meine Seele mag der Teufel gerne haben!“, höhnte er. „Soll er mir ein gutes Schiff dafür geben!“ Und nachdem er diese Worte gesprochen hatte, zückte er sein Messer und vollzog die Schandtat eigenhändig.

Nachdem sie alles mitgenommen hatten, was von Wert gewesen war, kehrten die Piraten wieder an Bord ihres Schiffes zurück und segelten mit der Flut aufs Meer hinaus.

Doch in der Nacht hörte Roux einen lauten, angsterfüllten Schrei. Mit gezücktem Säbel stürmte er aus seinem Zimmer und sah, wie die Mannschaft aufgebracht sich um etwas versammelt hatte. Roux trat näher, und für einen Moment gefror sein Blut. Vor ihm stand, im kalten Mondlicht und in den selben blutgetränkten Kleidern, in denen er es zurückgelassen hatte, das Mädchen aus San José. Als es Roux erblickte, lächelte es sanft.

„Drei Mal habe ich dich gebeten, mir mein Leben zu lassen. Drei Mal hast du dich nicht erweichen lassen. Deine Seele wolltest du dem Teufel schenken, hast du gesagt. Nun, David Roux, der Teufel lässt dir seine Grüße ausrichten – er ist mit dem Tausch einverstanden.“

Und noch während es sprach, begann sich das Wasser aufzubäumen, Blitz und Donner zogen über Roux‘ Schiff auf. Regen, so hart wie Steine, prasselten auf die Seemänner nieder, von denen nie einer einen höllischeren Sturm erlebt hatte. Die Bretter des Schiffs begangen zu bersten und nach nur wenigen Augenblicken trieben seine Reste im Wasser, genau wie Roux und seine Männer, die jetzt verzweifelt in den Wellen um ihr Leben kämpften. Einen nach dem anderen sah Roux im schwarzen Wasser verschwinden, bis nur er selbst noch übrig war. Drei Tage soll Roux sich über Wasser gehalten haben, dann verließen auch ihn die Kräfte und er sank kraftlos und erschöpft, tiefer und tiefer, bis vollkommene Dunkelheit ihn umfangen hatte. Doch als sein Herz den letzten Schlag gemacht hatte, griff eine knöchernde Hand nach ihm und zog ihn wieder nach oben, an die Oberfläche, und sie zerrte ihn an Bord eines Schiffes.

Roux, der erst jetzt wieder die Augen öffnete, erkannte nun, welchen Tausch er eingegangen war. Für seine Seele hatte er ein Schiff erhalten, ein mächtiges mit schwarzen Segeln, das am Tag verschwand und in der Nacht wiederkehrte. Der einst mächtige und freie Pirat war nun ein Diener des Teufels, in dessen Namen er Angst und Schrecken verbreiten musste. Und damit er niemals vergessen konnte, weswegen er  zu diesem ewigen Schicksal gezwungen wurde, hatte der Teufel dem Schiff den Namen „Das Mädchen aus San José“ gegeben.

Und während Roux nun nachts mit seinem Geisterschiff sein Unwesen auf dem Meer treibt, singen die Piraten abends in den Bars und Kneipen der Karibik, wenn ihnen Grog und Rum zu sehr ins Hirn gestiegen sind, manche Lieder über ihn. Eines davon ist uns überliefert worden.

 

Erster Buchtipp

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Und wir eröffnen die nächste Kategorie!

Wie sich bereits rumgesprochen hat, dauert es ja noch ein bisserl, bis ihr in den Genuss kommt, euch unser Eventtheaterstück reinzuziehen. Auch die Beitragslage in diesem Blog ist noch ausbaufähig… weshalb wir euch natürlich ein paar Anregungen geben wollen, was ihr mit eurer Zeit so anfangen könnt wenn hier grad nichts los ist – und wobei ihr trotzdem voll verpiratet werdet 🙂

Heute also unser erster Buchtipp:

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Rafael Sabatini, „Captain Blood“

Auf der Suche nach Literatur über Piraten wird man zwangsläufig über dieses Buch stolpern. So ging es auch mir, als ich vor einem Jahr die Sammlung piratenbezogener Dinge etwas ausbauen wollte. Bei den freundlichen Amazonen in der Originalsprache bestellt erhielt ich ein Hefterl, das den Namen „Buch“ wohl kaum verdient – aber Captain Blood gibt es hier für wenig Geld als „Print-on-demand“. Seither stand das gute Stück bei den anderen Büchern im Regal und harrte der Zeit, wenn ich mich endlich wieder richtig in das Thema reinbeißen würde. So geschehen vor einigen Wochen, als der Start dieses Blogs endlich auf den Weg gebracht werden sollte. Und wie es der Zufall will, wurde Blood das erste Buch auf meiner Leseliste…

Und es war fantastisch!

Übertreibe ich? Vielleicht ein bisschen, aber ganz ehrlich: Es war ein hochkarätiges Lesevergnügen!

Jetzt muss ich nur noch erklären, warum: Captain Blood ist alt – also nicht der Titelheld sondern das Buch. Sabatini schrieb es 1922! Doch es ist der wunderbare Beweis, dass das Piratengenre sich über die letzten knapp hundert Jahre nicht wirklich verändert hat. Alles, was für uns zu einer guten Piratengeschichte gehört, ist in dem Buch zu finden: Miese Kolonialherren, piratenfreundliche Gouverneure und ihre liebreizenden Töchter, herrlich abenteuerliche Seeschlachten, gewitzte Pläne zur Einnahme feindlicher Forts… immer und immer wieder kommen einem Dinge unweigerlich bekannt vor, weil man sie aus neueren Piratengeschichten so gut kennt. Moment – werdet ihr sagen – wenn ich das alles kenn ist es doch total langweilig… Nein. Ist es nicht. Erstens spürt man auf jeder Seite, dass hier nicht zum fünfundzwanstigsten Mal die gleiche Idee geklaut wurde, sondern hier echte Einfälle des Authors zu lesen sind. Und zweitens trägt der wunderbare Hauptcharakter die Handlung so gekonnt unterhaltsam, dass auch kleine Längen gerne verziehen werden.

Captain Blood – der eigentlich Doctor Blood ist – will kein Pirat werden. Er wird es, da im Unrecht und Unglück passiert. Dass er dabei aber alles was er tut so unglaublich trocken und so herrlich ironisch kommentiert macht einfach nur Laune! Er ist – wie wir heute sagen würden – eine coole Sau! So erklärt er dem gerade erwachten spanischen Kapitän der gerne Wissen möchte wer da auf seinem Schiff in seiner Kleidung vor ihm steht mit rührender ärztlicher Führsorge dass er wohl im Delirium ist – schließlich ist es Bloods Schiff und seine Kleidung. (und erst drei Sätze später erlaubt er sich zu erwähnen, dass seine Aussage erst seit ein paar Stunden wahr ist.) Ein anderesmal sieht sich Blood in einer aussichtslosen Konfrontation mit einem spanischen Admiral dessen Bruder und Neffen er an Bord hat. Kurzerhand bindet er den Bruder vor die nächste Kanone und erklärt dem Neffen er möge seinem Onkel berichten das alles in Ordnung sei und dieser sie ziehen lassen sollte. Käme es nämlich zu Kampfhandlungen sehe er sich gezwungen das Feuer mit eben jener Kanone zu eröffnen. Gemein aber unglaublich cool! Lediglich die unweigerliche Liebesgeschichte zieht sich etwas, auch wenn sie dafür letzendlich nicht lange breit getreten wird.

Jedem, der ganz dringend Lesestoff benötigt und sich ein bisserl in die Piratenwelt einfinden möchte sei „Captain Blood“ ans Herz gelegt. Ich fand es toll!

Und: Es gibt eine Verfilmung von 1935 die wir natürlich an einem Piratenfilmabend sehen werden. Trotzdem: Lesen!

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